Trufis, Termine, Tralala

Nun bin ich beinahe drei Wochen in Bolivien und könnte jeden Tag über etwas anderes berichten, allerdings fehlt dafür die Zeit, deshalb ein Beitrag über das Einleben hier in Quillacollo/Cochabamba. Quillacollo war früher eine eigene Stadt, die aber über die Jahre mit Cochabamba zusammengewachsen ist. Wir wohnen eigentlich näher an Quillacollo in einem Viertel, das entstand, als in den 80ern Minen geschlossen wurden und viele der Arbeiter dorthin umsiedelten, um Arbeit zu finden.

Wohnen:
Unsere 2er WG im Kolpinghaus ist wirklich schön, allein die „Kirchenglocken“ nebenan jeden Morgen um halb 7 sind etwas anstrengend. „Kirchenglocken“ in Anführungszeichen, da das aufgezeichnete Geläut eigentlich schief aus Lautsprechern ertönt. Abgesehen von Anna und mir wohnen hier vor allem Frauen mit Kindern oder ohne, da das Kolpinghaus ursprünglich ein Frauenhaus ist sowie drei Hunde. Unsere Wäsche waschen wir per Hand, weshalb wir am Wochenende dafür Zeit einplanen, unsere Vermieterin besitzt aber auch eine Waschmaschine, die wir benutzen dürfen. Ansonsten kochen wir Wasser aus der Leitung immer ab, damit es trinkbar ist, wir besitzen aber auch einen Trinkwassertank/kanister. Morgens und abends verpflegen wir uns selbst und mittags essen wir Dienstag bis Freitag in unserem Projekt mit den Kindern.

Einer unserer drei Hunde im Kolpinghaus

Einkaufen und Essen:
Frisches Gemüse, Obst und was man sonst so zum Leben braucht, kann man auf dem Markt kaufen. In Quillacollo gibt es einen kleineren und in Cochabamba selbst gibt es die „Cancha“, ein riesiges Gelände mit Marktständen und überdachten Hallen. Von Gemüse, Fleisch und Obst über Musikinstrumente und Andenken bis hin zu Kleidung und Haushaltszubehör fehlt es dort an nichts. Bisher war ich dort ein Mal einkaufen und hätte mich ohne meine Mentorin auch sicher verlaufen. In unserer Straße gibt es außerdem auch viele kleine Läden, bei denen wir ebenfalls einkaufen. Obst und Gemüse sind hier als lokale Produkte sehr günstig und so decken wir uns immer fleißig damit ein. Milch gibt es vorwiegend in Pulverform, Milchprodukte generell sind teurer, genauso wie Kaffee, da dieser zu großen Teilen exportiert wird. Vereinzelt gibt es auch große Supermärkte, in denen alles aber teurer ist, die Auswahl, wie bei uns, jedoch größer. Bisher haben wir es noch nicht geschafft dort mal einzukaufen (es gibt auch einen deutschen Supermarkt, den ich spätestens dann aufsuche, wenn meine Sehnsucht nach Schwarzbrot zu groß wird). Mein absolutes Lieblingslebensmittel bisher ist der Yoghurt, den die „kleinen Brüder“ (eine Gruppe Mönche, die nicht weit von uns entfernt leben und die Gemeinde hier unterstützen) selbst herstellen und auf der Cancha verkaufen.
Darüber hinaus sind eigentlich alle Gerichte mit Fleisch und man wird als Vegetarierin immer etwas schief angeschaut. Da ich aber ein großer Fan von gutem Essen bin und die bolivianische Kultur auch kulinarisch kennenlernen möchte, habe ich für mich beschlossen in diesem Jahr auch die Gerichte hier zu probieren. Bisher kann ich mich auch nicht beschweren! Leider habe ich noch nicht so viele Fotos vom Essen, da wir unser Handy selten mitnehmen.

Gemüse, Ei mit lila Kartoffel für die vegetarischen, sensiblen Mägen

Fortbewegung und Sicherheit
Über die Trufis, die den Großteil der Fortbewegungsmittel hier ausmachen, habe ich bereits berichtet. Es gibt kleinere und größere Trufis, aber natürlich auch größere Busse, in denen wir aber wegen größerer Diebstahlgefahr mehr auf unsere Sachen achten müssen. Ansonsten wird uns empfohlen vor allem am Abend/nachts mit dem Taxi nach Hause zu fahren. Im Alltag merken wir eigentlich nichts von den Gefahren, vor denen wir viel gewarnt werden, aber wir nehmen die Ratschläge gerne an. Geld verstecke ich eigentlich immer und wenn das Handy dabei ist, dann auch unter der Kleidung. Diebstahl und Überfälle sind nicht nur für uns ein Thema, allerdings wird bei Touristen/ Ausländern auch häufig viel Geld vermutet und Unvorsicht generell ausgenutzt.

Erlebnisse 
Da Anna und ich jetzt schon zwei Wochen arbeiten, seit letzter Woche einen Sprachkurs in Cochabamba begonnen haben und wir auch sonst viel eingeladen oder mitgenommen werden, ist mir eigentlich nie langweilig. Neben Essenseinladungen und Vorstellung beim Freundeskreis der Josefsschwestern, die wie die „kleinen Brüder“ mit den Menschen hier im Viertel leben und arbeiten, gibt es hier auch immer wieder kleine und größere Feste. Am 14. September war Cochabamba-Tag, weshalb bereits Tage vorher Paraden und Events stattfanden. Dank eines Blaskapellen-Bandkontests hatten wir zudem eine Gruppe aus La Paz zu Besuch im Kolping-Haus, die uns einige Tage rund um die Uhr unterhalten (und wachgehalten/aufgeweckt) haben. Am letzten Wochenende ist außerdem einiges los gewesen: Am Freitag wurden wir auf eine Fiesta de Quinceañera mitgenommen. Der 15. Geburtstag ist für Mädchen hier etwas sehr besonderes und wird daher oft als großes Event mit der Verwandtschaft und vielen Freunden gefeiert. Manche Mädchen wünschen sich aber stattdessen auch eine Reise oder ähnliches. Bei Jungen wird gewöhnlich eher der 18. Geburtstag gefeiert.

Sonntagabend wurden wir dann auch noch zu einer Hochzeitsfeier mitgenommen. Es ist nicht ungewöhnlich, wenn Hochzeiten hier 2-3 Tage lang gefeiert werden. Zur Begrüßung gab es Chicha, ein Getränk aus Mais und das Brautpaar durfte bestimmt 10 mal „Cueca“, einen traditionellen Tanz, mit sämtlichen Trauzeugen und Trauzeuginnen tanzen. Auch eine schöne Tradition ist, dass man dem Brautpaar beim gratulieren Konfetti über dem Kopf verteilt. Gleichzeitig bekommt man aber auch selbst eine Ladung ab:

Auch zu anderen Feierlichkeiten wird gerne Konfetti auf dem Kopf verteilt

Leider erleben wir aber nicht nur Schönes, sondern auch Trauriges. Die Mutter unserer Vermieterin ist am Wochenende verstorben, weshalb wir auch zur Totenwache und Beileidsbekundung gingen.

Zu guter Letzt für alle Wetterfetischisten unter meinen Familienmitgliedern und Freunden: In letzter Zeit hat es ab und zu etwas geregnet und war insgesamt etwas kühler. Oft ist es aber auch vormittags kühl und wolkenverhangen, am Nachmittag dafür aber blauer Himmel und Sonnenschein. Aufgrund der Höhe (2548 m) creme ich mich deshalb eigentlich immer mit Sonnencreme ein, da ich nie so genau weiß, wie das Wetter tagsüber sein wird. Die erste Erkältung habe ich mir auch schon eingefangen.
In meinem nächsten Beitrag möchte ich das Projekt, in dem ich die meiste Zeit arbeite, genauer vorstellen. Da ich bisher noch dabei bin mich einzugewöhnen und auch noch keine Fotos habe, habe ich das bisher etwas vernachlässigt. Ich möchte aber betonen, dass die Freiwilligenarbeit in der Hausaufgabenhilfe in Piñami Chico einen großen Teil meines Lebens hier ausmacht.
¡Hasta luego!

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